Ein Mann zum Stehlen: Roman (German Edition) by Bielenstein Daniel

Ein Mann zum Stehlen: Roman (German Edition) by Bielenstein Daniel

Autor:Bielenstein, Daniel [Bielenstein, Daniel]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783105690055
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2014-05-25T22:00:00+00:00


00.48 Uhr

Tanzen ist das Beste, was Paul und Lilly tun können. Tanzen bedeutet nämlich, dass sie nicht zu reden brauchen. Darum müssen sie sich auch weder anlügen noch sich etwas vorspielen.

Im Gegenteil: Beim Tanzen können sie endlich ehrlich miteinander sein.

Paul hält Lilly an der Hand, er führt sie, lässt sie sich drehen, dreht sich selbst. Er nimmt sie bei der Hüfte, schmiegt sich an sie und lässt sie wieder frei, taucht durch ihre Arme, hält sie gepackt, wie in einem Kampf – und lässt sie sogleich wieder los. Der Rhythmus gehört ihnen, sie gehören der Musik. Sie sind ein perfektes Paar. Er hält sie an beiden Händen und drängt sie in eine Drehung. Lilly lässt es geschehen und findet sich eng umschlungen in seinen Armen wieder. Ihr Widerstand erlahmt. Paul beugt sich vor, will ihre Lippen mit seinen berühren – vergeblich. Im letzten Moment befreit Lilly sich spielerisch aus seinem Griff.

»Lass uns etwas trinken. Ich bin durstig«, sagt sie lächelnd.

»Gute Idee. Und dann suchen wir uns ein stilles Fleckchen nur für uns beide.«

An der Cocktailbar, die aussieht wie eine überdimensionale Ananas, besorgt Paul zwei Cocktails.

Während sie auf ihn wartet, hilft sie einem alten Mann auf die Beine, der über irgendetwas gestolpert ist. Er bedankt sich mit schwerer Zunge und fällt gleich wieder auf den Boden, wo er hilflos wie ein Kleinkind herumkriecht.

»Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragt sie ihn.

Der Mann blickt sie von unten an.

»Alleses bessens, dangeschön.«

Lilly empfindet Mitleid. Was soll sie tun? Sie zuckt mit den Schultern. Dem ist nicht zu helfen.

»Ein Rum Colada mit Eis und Limettensaft. Voilà«, sagt Paul und reicht ihr einen bunt schillernden Cocktail. Sie stoßen an und schlürfen die süße Flüssigkeit aus langen Strohhalmen.

»Also, was führt dich her? Bist du eine Freundin von Geena?«, erkundigt er sich. Sie spazieren langsam durch den stilleren Teil des Gartens.

»Ich arbeite für sie, jedenfalls heute Abend.«

Sie erzählt ihm von den Vorbereitungen für den Abend, die umfangreiche Logistik, die ein solcher Großeinsatz erfordert.

»Und ich dachte, du bist einfach nur Köchin«, sagt er frech.

Sie stößt ihm den Ellbogen in die Seite – was er dafür nutzt, ihr den Arm um die Hüfte zu legen.

»Also bitte! Ich bin Managerin. Genussmanagerin, wenn du so willst!«

Er nickt beeindruckt.

»Sagen wir, ich bewerbe mich bei deiner Firma. Wo würdest du mich einsetzen?«

Im Bett natürlich, denkt Lilly sofort. Sie dreht sich zur Seite und nimmt einen tiefen Schluck aus dem Glas.

»Als Tellerwäscher! Wenn du brav bist, vielleicht auch als Kellner.«

»Dann wenigstens als Oberkellner«, sagt er und macht ein beleidigtes Gesicht.

»Einverstanden«, antwortet sie versöhnlich. »Was ist mit dir? Was führt dich in diese erlauchte Gesellschaft?«

Oh, ich bin Einbrecher. Ich bin hier, weil ich gerade einen wichtigen Job erledigt habe. Eine Vorbereitung für meinen großen Coup.

Paul lächelt.

»Siehst du den jungen Kerl da vorne?«

»Der, der gerade das Mädchen zum Tanzen auffordert?«

»Was fällt dir auf an ihm?«

Sie beobachtet wie der Junge, er ist vielleicht sechzehn, vor dem Mädchen eine formvollendete Verbeugung macht und sie dann elegant zur Tanzfläche führt.

»Er ist sehr höflich. So etwas sieht man heutzutage selten.«

»Ich hab's ihm beigebracht«, sagt Paul.



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